Für mich ist die Zusammenarbeit wie ein Betriebssystem zwischen uns Menschen. Wie können wir dieses Betriebssystem weiterentwickeln? Einfach ein Update aufspielen oder den Support anrufen ist nicht möglich. Es gibt vielmehr einen Rahmen für seine fortwährende Entwicklung. Entwicklungen haben immer etwas mit Veränderungen zu tun.

Hör auf, die Veränderung zu managen. Fang an, den Wandel zu begleiten.

Veränderungen managen zu wollen signalisiert, dass Veränderungen immer gleich ablaufen und es ein Patentrezept gibt. Das gibt es aber nicht. Es gibt gute und wertvolle Modelle, die zeigen, wie Veränderungen ablaufen. Modelle haben die schöne Aufgabe, Komplexität zu reduzieren und das Verständnis für die Prozesse zu fördern.

Sicherlich lassen sich Veränderungen in dem Maße managen, wenn es um die konkreten Schritte geht, um von A nach B zu kommen. Das lässt sich sehr gut managen. Jedoch gibt es unterschiedliche Sichtweisen, wenn es um Veränderungen geht. Die Einen verstehen die jeweiligen Schritte im Sinne der Aufgaben oder Prozesse, die Anderen die Begleitung der Menschen, die von der Veränderung betroffen sind. Mein Verständnis ist das Letztere. Für mich geht es immer darum, die Menschen auf ihrem Weg zu begleiten. Das kann ich aus unterschiedlichen Perspektiven und mit unterschiedlichen Rollen tun. Daher ist es für mich eine Veränderungsbegleitung und kein Veränderungsmanagement.

In meiner beruflichen Praxis habe ich bereits vielfältige Veränderungen mit sehr unterschiedlichen Dimensionen und Auswirkungen begleitet. Den Weg der Veränderung zu gehen bedeutet, auch einen Lernweg zu gehen, als Person und als Organisation. Dabei stellt sich für mich immer wieder die Frage, warum verlaufen Veränderungen einmal gut und einmal sehr holprig. Am Ende gelingen Veränderungen immer, die Frage ist nur zu welchem Preis. Für mich haben sich vier Leitsätze herauskristallisiert, die für mich den Unterschied ausmachen.

Vier Leitsätze

Wenn wir über Veränderung sprechen, dann sprechen wir auch über die Entwicklung der Zusammenarbeit, der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen und wie wir unser Umfeld gestalten. Hier lässt sich gut der Dreisatz Awareness (Wahrnehmung/Bewusstsein), Involvement (Einbindung/Beteiligung) und Acceptance (Akzeptanz, Annahme) heranziehen. Auf dieser Basis habe ich die folgenden vier Leitsätze entwickelt, um den Weg besser zu begleiten.

  1. Wecke Awareness.
  2. Fördere die Entwicklung von Kompetenzen und Fähigkeiten.
  3. Gib Orientierung.
  4. Baue Netzwerke auf und nutze sie.
Den Wandel begleiten
Den Wandel begleiten.

Was bedeuten diese vier Leitsätze nun konkret?

Wecke Awareness.

Awareness lässt sich sehr gut mit Wahrnehmung oder Bewusstsein übersetzen. Da der Begriff Awareness durchaus als gängiger Fachbegriff verwendet wird, nutze ich ihn so weiter.

Hier stellt sich die Frage, ob die Personen in der Organisation das jeweilige Thema auf dem Schirm haben. Beschäftigt das Thema die Personen überhaupt? Nehmen sie es wahr und ist es für sie wichtig genug, um sich damit auseinanderzusetzen? Stimmen die Vorstellungen über den Veränderungsbedarf seitens der Führungsetage und den Mitarbeitenden überein? Haben wir überhaupt ein Problem und warum soll sich irgendetwas ändern?

Hier geht es also darum, erst einmal den eigentlichen Bedarf für das Thema zu wecken und zu verstehen, was damit alles zusammenhängt.

Lass es mich an einem Beispiel verdeutlichen. Nehmen wir an, eine Organisation möchte sich stärker mit den Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Dafür ist es erst einmal erforderlich, zu klären, was wir darunter verstehen. Soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit sind die drei großen Handlungsfelder. An welcher Stellschraube wollen wir drehen und ist uns das allen bewusst?

Es geht darum, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen. Das kann ich mit verschiedenen geeigneten Angeboten und Formaten tun. So kann ich nicht nur einmalig, sondern kontinuierlich das Bewusstsein und die Wahrnehmung für das Thema zu fördern. Ich erreiche damit, dass die Personen sich damit auseinanderzusetzen und haben die Chance den möglichen Mehrwert gemeinsam zu erarbeiten.

Geeignete Formate sind Dialogformate, Austausch- und Reflexionsformate, Umfragen, Impulse und vieles mehr.

Fördere die Entwicklung von Kompetenzen und Fähigkeiten.

Um mit sich verändernden Rahmenbedingungen souverän umgehen und arbeiten zu können, bedarf einer (Weiter-)Entwicklung von Kompetenzen und Fähigkeiten. Es braucht fachliche Kompetenzen, um die veränderten Aufgaben und Prozesse zu verstehen und anwenden zu können. Methodische Kompetenzen unterstützen dabei, die erforderlichen Herangehensweisen zu entwickeln. Es braucht die Fähigkeit der Organisation, das anstehende Thema tatsächlich bewältigen zu können. Hier sind alle Mitarbeitenden und Führungskräfte gefordert. Die Organisation sollte über ein grundlegendes Verständnis zum jeweiligen Thema verfügen und befähigt werden, die erforderlichen Schritte gehen zu können.

Hier eignen sich Schulungen, Workshops, Buddy-Programme, Coaching als Begleitung, Community of Practice, Mentoring, Follow up, Werkstattformate, Empowerment und vieles mehr.

Um bei dem Beispiel Nachhaltigkeit zu bleiben, bedeutet das, dass die Organisation erst mal in die Lage versetzt werden muss, mit dem Thema umgehen zu können. Das kann sein, dass die Mitarbeitenden lernen, wie sie nachhaltiger mit Ressourcen umgehen können. Führungskräfte müssen lernen Entscheidungen zu treffen, die konkret auf das Thema einzahlen. Das setzt voraus, dass sie wissen, wie es geht. Die komplette Haltung muss entwickelt werden. Durch Workshops oder Werkstattformate kann das gemeinsame Verständnis kontinuierlich wachsen, um die Organisation zu befähigen.

Gib Orientierung.

Um sich während des Wandels zurechtzufinden, braucht es Orientierung für alle Beteiligten. Orientierung geben regelmäßige Reflexionen, Statusmeldungen, Kommunikationsformate. Des Weiteren helfen Mentoren, Coaches, Buddies und gute Onboardingprozesse. Ein aktiver Wissenstransfer unterstützt dabei, die Orientierung zu behalten. Es kann unterschiedliche Wege geben. Was es braucht, ist es eine Art Kompass, um trotz unterschiedlicher Wege in eine gemeinsame Richtung zu gehen.

Im Bezug auf das Beispielthema Nachhaltigkeit können Kommunikationsformate unterschiedlicher Art genutzt werden, um Orientierung zu geben und aufzeigen, wo wir aktuell stehen. Das können Veröffentlichungen, Informationsveranstaltungen, Diskussionsrunden sein. Für die persönliche Weiterentwicklung könnten Buddies oder Coaches dabei helfen, die eigene Orientierung zu unterstützen. Retrospektiven sind wertvoll, um in einen Rhythmus einer kontinuierlichen Entwicklung zu kommen. Mit kleinen Schritten die richtigen Stellschrauben finden.

Es kann viele Möglichkeiten geben. Meine Aufgabe als Begleiter ist es, herauszufinden, wo und was der eigentliche Bedarf für Orientierung ist.

Baue Netzwerke auf und nutze sie.

Netzwerke sind eine wichtige Grundlage, um die Zusammenarbeit zu fördern. In der modernen Arbeitswelt ist Kollaboration ein fester Bestandteil. Vernetztes Arbeiten hilft dabei, gemeinsam neue Lösungen zu finden und Experimente zu wagen. Netzwerke helfen bei der Orientierung. Wen kann ich fragen, wer kann mir helfen? Insbesondere bei neuen Themen ist es hilfreich neue Rollen zu nutzen wie zum Beispiel Lotsen oder Botschafter. Diese Rollen können die Themen in Form von Netzwerkstrukturen weitertragen, Impulse aufnehmen und an das Netzwerk zurückgeben. Sie kennen die jeweiligen Bedarfe aus den unterschiedlichen Fachbereichen und können so praxisnah hilfreich zur Seite stehen. Dabei müssen die Lotsen und Botschafter selbst keine Experten sein. Die Begeisterung für das Thema reicht aus.

Hier könnte in unserem Beispiel Nachhaltigkeit sich ein Netzwerk aus interessierten Personen aus der Organisation zusammenfinden. Diese Personen sind vielleicht sogar über die Grenzen der Organisation weiter vernetzt und nehmen so ganz automatisch den Blick über den Tellerrand ein. Sie können Impulse aufnehmen und ins Netzwerk geben. Die jeweiligen Personen könnten damit in der Organisation als Nachhaltigkeitslotsen fungieren. Sie sind bekannt, kennen die Kultur und sind ein wichtiger Knotenpunkt im Netzwerk. Nachhaltigkeitsbotschafter könnten wichtige Persönlichkeiten der Organisation sein. Persönlichkeiten, die als Vorbilder anerkannt sind und sich authentisch, ehrlich, kritisch, offen und souverän mit dem Thema auseinandersetzen. Hier spielt die Glaubhaftigkeit eine wichtige Rolle. Ist es nur aufgesetzt, wird genau das Gegenteil erreicht und das Thema verbrannt, nach dem Motto: Es wird darüber geredet, doch ernst meinen sie es nicht.

Wie du selbst deine Netzwerke aufbauen kannst, habe ich hier für dich zusammengefasst.

Kommunikation ist die Verbindung

Alle vier Leitsätze sind durch die aktive Kommunikation miteinander verbunden und werden damit zum Leben erweckt. Den Wandel zu begleitet heißt, aktiv zu kommunizieren.

Dabei geht es nicht darum, ein Thema oder eine anstehende Veränderung zu verkaufen. Nach dem Motto: Wir wissen, was gut für euch ist. Das kannst du nicht wissen, wenn du mit den Menschen nicht interagierst, Fragen stellst und zuhörst.

Die vier Leitsätze sind als kontinuierliche Iterationen zu betrachten. Sie werden mehrfach durchlaufen und bringen immer weitere Erkenntnisse und Erfahrungen mit. Die Personen und die Organisation als Ganzes lernen permanent und entwickeln sich weiter. Der Wandel wird damit nicht gemanagt, sondern aktiv begleitet.

Warum Veränderungen schwierig verlaufen

Veränderungen kommen und gehen. Das ist so und wird auch so bleiben. Jeden Tag aufs Neue. Unterschiedliche Einflüsse, Erfahrungen, Perspektiven, Leidenschaften und Menschen wirken auf unser tägliches Tun. Sich ändernde Rahmenbedingungen bringen neue Möglichkeiten mit. Trotzdem läuft es manchmal nicht wirklich rund. Wenn du jetzt an eine Situation denkst, die nicht wirklich gut gelaufen ist und auf die vier Leitsätze schaust: Was hat gefehlt?

Oft fängt es schon bei der Awareness. Im stillen Kämmerlein werden Strategien entwickelt, ausgearbeitet, veröffentlicht und nichts passiert. Wie auch, wenn niemand weiß, was es bedeutet und wo der Anknüpfungspunkt ist.

Ein weiteres Beispiel ist das Entwickeln von gemeinsamen Werten. Entwickelt, aufgeschrieben, veröffentlicht und nichts passiert. Warum? Weil jeder Mensch etwas anderes darunter versteht. Die Wahrnehmung und das Bewusstsein sind vielleicht nicht oder nur im geringen Maße vorhanden.

Ein letztes Beispiel ist die Entwicklung von Führung. Leitfaden entwickelt, geschrieben, veröffentlicht und nichts passiert. Warum wohl? Ich glaube die Antwort kennst du selbst.

Es reicht nicht aus, einfach etwas abzuarbeiten, aufzuschreiben und zu veröffentlichen. Das ist nur der reine Prozess der Informationsgenerierung oder Produktentwicklung. Ein Wandel zu begleiten, braucht Awareness, Kompetenzen und Fähigkeiten, Orientierung und aktive Netzwerke.

Lass uns loslegen

Hören wir auf, Veränderungen zu managen. Beginnen wir damit, die Menschen auf ihrem Weg zu begleiten. Nur so gelingt eine Weiterentwicklung des Betriebssystems Zusammenarbeit.

Bist du dabei?

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